Gamechanger Spielprinzipien: Bessere Ausbildung durch klare Prinzipien

Julian Nagelsmann und Domenico Tedesco machen es vor:

In Prinzipien verpacken sie ihre taktischen Ideen und die Spieler adaptieren im Rekordtempo neue Spielideen. Beide haben in ihren ersten Stationen im Profigeschäft und bis heute bewiesen, wie schnell durch diese Art der Vermittlung gelernt werden kann und wie effizient die Umsetzung auf dem Platz erfolgte.

DOCH WAS BEDEUTET DAS FÜR DAS TRAINING IM JUGENDBEREICH?

Die Kinder mit ständigen Aussagen zu konfrontieren, die rein situationsspezifisch sind, ist ineffektiv.

Wir nennen das Phänomen speziell im Hallenfußball „Algorithmen“.

Es werden stupide Abläufe für bestimmte Situationen einstudiert.

Die Spieler entscheiden nicht mehr, sondern spulen Programme ab. Man sieht dieses Verhalten auch immer häufiger beim Fußball im Freien.

Ein Training nach diesem Muster aufzubauen, ist weder mit langfristigen Ausbildungserfolgen versehen, noch auf einem aktuellen Stand von Lerntheorien in der Sportwissenschaft.

»Ich halte nichts von Automatismen, weil diese davon ausgehen, dass eine Situation immer gleich ist, ansonsten funktioniert der Ablauf ja nicht mehr. Das passt jedoch nicht zur Realität mit 22 Spielern auf dem Platz. Wenn der Gegner dann nur einen halben Meter weiter links steht, dann weiß der Spieler auf einmal nicht mehr, was er machen muss. Ich arbeite deshalb lieber mit Prinzipien, die ich den jeweiligen Situationen überordne. Die meisten davon sind relativ einfach. Sie gelten bei mir immer, in jedem Training, in jedem Spiel, völlig losgelöst vom Gegner oder von der geometrischen Anordnung der Spieler auf dem Feld.«

- Julian Nagelsmann

DIE ALTERNATIVE?

Diese komplexen gruppen- und mannschaftstaktischen Muster in individuellen Handlungen als Prinzipien umwandeln.  Man möchte Überzahl in Situationen des Spielaufbaus erzeugen und ausspielen?

Dann spielt man entsprechende Spielformen in Zahlenverhältnissen, die von den Spielern gemeistert werden können. Abhängig vom Leistungsniveau und Alter können hier verschiedenste Formen und Größen gewählt werden. Der Clou ist, dass die kognitiven Prozesse und taktischen Prinzipien zum Ausspielen einer Überzahl in einem 4vs1 dieselben sind, wie jene die notwendig sind, um einen erfolgreichen Spielaufbau im 4vs4 in der Halle zu gestalten:

  • Aus dem Deckungsschatten bewegen
  • In den Rücken des Gegners frei werden
  • Zum Mitspieler bewegen, wenn dieser Druck hat
  • etc.


Der große Vorteil bei dieser Vermittlung, welche nebenbei (implizit) und unabsichtlich (inzidentell) geschieht, ist die Anwendung in sämtlichen Situationen des Spiels. Dabei spielt es keine Rolle ob es in der Halle, im Freien, im 7vs7, 9vs9 oder 11vs11 stattfindet.

Somit erlernen die Kinder und Jugendlichen übergeordnete Prinzipien, welche sie über Jahre hinweg festigen und anwenden. Man muss sie nicht ständig mit neuen mannschaftstaktischen Mustern beladen, welche sich je nach Wettkampfform stetig ändern.

„Kinder möchten nicht wie Fässer gefüllt, sondern wie Fackeln entzündet werden.“

Julian Nagelsmann spricht auf dem ITK 2019 ebenfalls von Prinzipien und erläutert einige Punkte seiner Arbeit rund um diese Thematik. In einer sehr eloquenten und einfach verständlichen Art und Weise. Wir haben euch die wichtigsten Aussagen seines Vortrags zusammengefasst.



Ähnlich unserem Beispiel im 4vs4 fasst es Nagelsmann in einen größeren Kontext (11vs11). Dabei ist es nebensächlich, wo auf dem Feld diese Prinzipien angewendet werden, da sie in allen Situationen gelten. Den Spielern diese klaren und immer gültigen Handlungsmuster mit an die Hand zu geben, erleichtert Trainern das Leben bei der Vermittlung von taktischen Inhalten. Darüber hinaus schafft es Sicherheit und Orientierung bei den Spielern.



Nagelsmann bestärkt seine vorherige Aussage, Prinzipien stehen über der gewählten Grundordnung. Das hat zur Folge diese Prinzipien auch in kleineren Zahlenverhältnissen und Altersbereichen (7vs7, 9vs9) angewendet werden können.



Was für den Breiten- und Amateursport als zu hochgegriffen angesehen werden kann, lässt sich mit einfachen Mitteln wie Handouts, pdfs oder kleinen Videosequenzen ebenfalls in den Trainingsalltag integrieren. Dabei kann die Vermittlungsmethode an den jeweiligen Alters- und Entwicklungsstand der Spieler angepasst werden.



Nagelsmann bringt nochmals zum Ausdruck dass seine Prinzipien nicht als abstrakte Idee in seinem Trainerbüro entstanden sind. Ein stetiger Austausch und das regelmäßige Abgleichen mit anderen Trainern und Spielern ist notwendig, um sich und seine Arbeit mit den Prinzipien weiter voran zu bringen.

Klar formulierte Spielphasen, Prinzipien und Methoden schaffen die Leitplanken für ein effektives und effizientes Miteinander auf dem Platz.

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NAGELSMANN UNTERTEILT SEINE SPIELIDEE IN 31 PRINZIPIEN

Ein Prinzip von Nagelsmann: "Spieloffener Spieler bekommt den Ball"

Ist ein Spieler mit dem Rücken zum Tor in Ballbesitz und hat Gegnerdruck, sollte er einen spieloffenen Spieler anspielen. Dieser kann aufgrund seiner Position die Spielsituation besser wahrnehmen und hat somit eine bessere Entscheidungsgrundlage für die Spielfortsetzung. Für die Mitspieler bedeutet dies, Unterstützung anzubieten, wenn der Ballführer mit Rücken zum Tor steht.

Spiele ich einen geschlossen stehenden Spieler an, muss ich also "nachlaufen". Steil-Klatsch-Kombinationen sind die Folge.

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