Schnell im Kopf oder schnell in den Beinen? Die rasante Entwicklung im Profifußball lässt vermuten, dass man hier keine Wahl mehr hat. Im besten Fall besitzt der Spieler sowohl eine schnelle Auffassungsgabe wie Entscheidungsfindung und hat die körperlichen Voraussetzungen für eine schnelle Umsetzung in motorische Abläufe. Zumindest die Erfahrungen und wissenschaftlichen Bemühungen im Forschungsbereich “Athletik” halten bei dieser Entwicklung Schritt. Zuletzt erfuhr das Thema “Neuroathletiktraining” einen regelrechten Hype in der Branche.
Doch wie sieht hier die Entwicklung für das Thema “Taktik” aus? Welche bahnbrechenden neuen Erkenntnisse wurden hier zuletzt veröffentlicht?
Wir haben uns verpflichtet, neue und bewährte wissenschaftliche Studien, Ansätze und Ergebnisse in klare Handlungen auf den grünen Rasen zu wandeln. Unsere Kunden, zu denen mittlerweile Clubs von der Kreisliga bis hin zur Bundesliga, wie auch Vereine und Institutionen in China, der Ukraine oder aus den Vereinigten Staaten zählen, wollen klare und einfache Wege um effiziente Methoden umzusetzen.
Das übergeordnete Prinzip bietet dabei eine alters- und entwicklungsgerechte Herangehensweise in der Vermittlung von relevanten Inhalten.
Wenn es nun an den Themenkomplex der Fußballtaktik geht, muss über die inhaltliche Gestaltung von Training gesprochen werden. Weit verbreitet ist hierbei immer noch der Ansatz, über hohe Wiederholungszahlen und tausenden Trainingsstunden zum gewünschten Erfolg zu kommen. Dabei wird sich dann meist auf technische Aspekte konzentriert, da man Dinge wie Spielintelligenz und ein “gutes Auge” scheinbar in die Wiege gelegt bekommt. Doch nach unserer Auffassung dient Technik nie dem Selbstzweck. Technik ist der Werkzeugkasten für die motorische Ausführung von Entscheidungen, die vorher getroffen werden müssen. Diese Entscheidungen sollten im besten Fall einer entsprechenden Wahrnehmung folgen.
Ein solcher Ablauf entspricht auch dem sportwissenschaftlichen Modell nach Mahlo:
Auf welchen dieser Bereiche wird sich die meiste Zeit im Training fokussiert? In der Regel ist das der Bereich der “motorischen Lösung”. Hier wird verbessert und in isolierten Trainingsformen bis ans Maximum korrigiert, um es den Spielern später auf dem Platz leicht zu machen.
Das ist zu kurz gegriffen.
Denn viel wichtiger ist die Auswahl des richtigen Werkzeugs für eine effektive Problemlösung, da auch in Trainingsformen mit dem Schwerpunkt “Wahrnehmung und Entscheidung” der Ball so oft wie möglich mit dabei sein sollte und dadurch die Technik immer mitgeschult wird. Die Entscheidungsfindung und -auswahl sind die der motorischen Lösung vorgeschalteten Prozesse. Findet in der ersten oder zweiten Phase im Ablaufmodell bereits ein Fehler statt, können darauffolgende nicht korrekt sein.
Grundsätzlich unterscheidet man als Trainer häufig in Spieler mit einer guten Intuition und spielintelligente Spieler. Im letzteren Fall gehen wir von mehrheitlich bewussten Prozessen aus und bei Intuitionsspielern vermuten wir, dass eine Erklärung der Entscheidungsfindung eher dürftig ausfallen würde. Doch wie laufen die Prozesse bei den Spielern im Kopf ab?
Unsere Möglichkeiten zur Wahrnehmung der Außenwelt sind vielfältig. Verschiedene Sinne ermöglichen die Erfassung unterschiedlichster Reize. Anschließend folgt eine qualitative Einordnung dieser Eindrücke. Auf dem Platz ist das nicht anders. Auch hier müssen die Spieler in der Lage sein, sämtliche Wahrnehmungseindrücke zu verarbeiten und anschließend angemessen zu reagieren. Bewegen wir uns nun im Bereich der taktischen Entscheidungen, geht es um Dinge wie Gegnerposition, Mitspielerposition, Position und Bewegung des Balles etc.
Haben die Spieler die relevantesten Merkmale ihrer Umgebung erfasst, geht es im nächsten Schritt um eine adäquate Reaktion. Pass quer oder tief? Eins-gegen-Eins oder doch lieber Sohlenzieher und zurück?
Diese Entscheidung ist eine Mischung aus der natürlichen „Anlage“ des Spielers, wie auch der Umsetzung von Vorgaben des Trainers. Denn ist die Spielphilosophie des Trainers bzw. des Vereins auch den Spielern klar, richtet sich ihre Entscheidungsfindung danach aus. Wurden Ballgewinne und schnelle, vertikale Spielfortsetzungen im Training in verschiedenen Formen abgebildet, wird sich in vielen Fällen auch die Entscheidung der Spieler am Spieltag daran orientieren. Bei einer stabilen Umsetzung erkennt man dann schlussendlich “die Handschrift des Trainers” im Spiel. Hier sind dann die immer häufiger erwähnten Spielprinzipien entscheidend. Denn schnüren Vorgaben die Spieler in ihren möglichen Handlungsoptionen zu sehr ein, setzen sie zwar das erwartete Verhalten um, kommen dadurch aber nicht zum gewünschten Erfolg. An dieser Stelle ist es die Kunst, die Leitplanken durch Prinzipien so zu setzen, dass die Richtung zwar klar ist - eine schnelle Spielfortsetzung in Richtung Tor des Gegners in diesem Beispiel - aber das nicht um jeden Preis geschieht.
Wie bereits beschrieben geht es hier um die endgültige Umsetzung der getroffen Auswahl in eine motorische Ausführung. Der Spieler hat sich nun für eine vertikale Spielfortsetzung durch einen “Steilpass” auf seinen einlaufenden Mitspieler entschieden. Die Komplexität dieser Situation macht auch deutlich: Ein einfaches Passspieltraining ohne die reellen Druckbedingungen hilft dem Spieler nicht. Er muss lernen, seine Technik unter realen Bedingungen abzurufen.
Doch wie schafft man es, die Entscheidungsfindung der Spieler auf dem Platz in Bahnen zu bringen, welche die eigene Spielidee unterstützen und auf der anderen Seite ihre Kreativität nicht beschränken? Einige erfolgreiche deutsche Trainer haben hier den Begriff „Prinzipientraining“ geprägt. Leitplanken für die Spieler, innerhalb derer sie sich frei entfalten können. Das Gegenteil dazu wäre ein Training von „Algorithmen“, also starren und vordefinierten Handlungsabläufen. Auch ein solches Training wird immer wieder - selbst im Profibereich - beobachtet.
Unseren Spielern alle erdenklichen Lösungsmöglichkeiten für ein Fußballspiel zu zeigen, ist jedoch unmöglich. Dafür ist die Sportart zu komplex und die Anzahl an Handlungsalternativen unendlich.
Wir sollten unseren Spielern also viel eher die Kompetenz an die Hand geben, Spielsituationen und aufkommende Herausforderungen selbstständig lösen zu können. Auch Schülern kann man in ihrer Laufbahn im Bildungssystem nicht jegliches erhältliches Wissen vermitteln und alle Themenbereiche dieser Welt abdecken. Man kann ihnen aber zeigen, wie sie Inhalte lernen und woher sie diese bekommen. Das ist wichtiger, denn damit gibt man ihnen einen Zugang zu allem verfügbaren Wissen dieser Welt.
Hält man sich an diese Prämisse stellt sich die Frage, wie die Trainingsinhalte aufbereitet sein müssen, um ein effizientes Lernen zu garantieren. Die Grundlage sollte Spaß und Freude bei den Lernenden darstellen, da Lernen unter diesen Voraussetzungen deutlich schneller funktioniert. Die Ausschüttung von Hormonen unterstützt das Lernen und immer wenn wir Freude und Lerninhalte verbinden können, können wir von Effizienz sprechen.
Um diesen emotionalen Zustand herzustellen, müssen wir alters-, entwicklungs-, und zielgruppengerecht arbeiten. Was macht dem 7-Jährigen Spaß und was dem 20-Jährigen? Worin unterscheiden sich diese Zielgruppen? Mit diesen Fragen sollte man in die Trainingsplanung gehen, da sie den Grundstein legen. Das ist nicht immer und in jeder Sekunde des Trainings umzusetzen. Jedoch sind die meisten Trainingseinheiten die wir beobachten nicht darauf ausgelegt, Spaß zu bereiten - außer vielleicht im Abschlussspiel.
Ist diese Grundlage geschaffen und die Spieler haben eine positive Verbindung zum Training, kann man über die Art und Weise der Vermittlung sprechen.
“Die nächste Übung machen wir, um unser Passspiel zu verbessern”. Ein häufig zu hörender Satz auf Fußballplätzen. Das Lernziel stellt einen Selbstzweck dar. Alternativ wird auch in die Zukunft argumentiert: “Das werdet ihr später mal brauchen”, “Am Wochenende kannst du das so nicht machen”. Im Nachwuchsbereich scheitern solche Instruktionen häufig am fehlenden Abstraktionsvermögen und prospektiven Denken der Kinder und Jugendlichen. Dr. Peter Kuhn nennt Kinder in diesem Zusammenhang auch “Zen-Meister”, da im Sport für sie immer der Augenblick entscheidend ist. Doch auch Erwachsene stellt das vor Motivationsprobleme, denn das direkte Feedback fehlt. Viele Menschen rauchen auch, obwohl sie ganz genau wissen, dass dieses Verhalten in einigen Jahren Konsequenzen haben kann oder wird. Dennoch tun sie es, denn das direkte Feedback fehlt auch hier.
Würde Rauchen sofort Kopfschmerzen oder andere akute Probleme auslösen, wäre die Anzahl an Rauchern vermutlich deutlich geringer.
Gegen diesen Fakt können wir uns nicht wehren. Wir können ihn uns aber durchaus zu Nutze machen. Wenn wir wissen, dass direktes Feedback notwendig ist um Verhalten zu ändern, dann sollten wir unsere Trainingsformen entsprechend planen. Eine Feedbackinstanz könnten wir selbst als Trainer sein. Doch dann müssten wir jeder Spielerin und jedem Spieler in sämtlichen Aktionen auch diese Form von Feedback geben. Das ist für beide Seiten anstrengend und nutzt sich ab.
Dann lieber ein anderer Weg. Die Trainingsform selbst könnte doch das Feedback liefern und das am besten mit sicht- und greifbarem Feedback für die Spieler. Das Spiel am Wochenende ist mit seinem Ergebnis auch ein Feedbacksystem. Nun haben wir vor uns unsere Schützlinge, die in bestimmten Aspekten eine ähnliche Motivstruktur aufweisen. Sie wollen sich messen, dafür brauchen sie Wettkämpfe. Sie wollen sich anstrengen, dafür brauchen sie Herausforderungen. Sie wollen Spaß haben, dafür brauchen sie Freiräume. Einige von ihnen wollen auch lernen, dazu müssen wir ihnen die Möglichkeit geben.
Eine einfache Passfolge mit dem Ziel “das Passspiel zu verbessern”, missachtet diese Motive. Ab diesem Zeitpunkt handeln wir gegen die Muster der Spieler.
“Gassenpassen”:
Oft werden solche Trainingsformen auf Deutschlands Fußballplätzen beobachtet. Wahlweise sind die Hütchen in anderen Formen und Abfolgen aufgebaut, der Charakter dieser Übungen bleibt aber meist derselbe: vordefinierte Handlungen und keine Handlungsalternativen.
In beiden Beispielen fehlen aus der Kette “Wahrnehmung - gedankliche Lösung - motorische Lösung” die ersten beiden Phasen. Dadurch, dass die Mitspieler immer an der gleichen Position sind und der Pass am besten auch immer gleich kommen sollte, sind diese Phasen auch nicht notwendig. Ein Feedback in diesen Formen erhalten die Spieler zum Großteil durch den Trainer. Bei Beispiel 1 gibt es keine klare Unterscheidung zwischen einem guten und einem schlechten Pass. Denn ohne Gegnerdruck kommt es nicht zu Ballverlusten und die Spieler erhalten kaum sicht- und greifbares Feedback.
Um es das nächste Mal besser machen zu können, benötigt der Spieler nun eine Instruktion vom Trainer. Zum einen warum der Pass nicht gut war und zum anderen, was er besser machen kann. Bleibt dieses Feedback aus, kann man nicht davon ausgehen, dass der Spieler besonders viele Dinge für seine weitere Entwicklung mitnimmt.
In der zweiten Form gibt das Hütchentor ein sichtbares Feedback: Geht der Ball durch das Tor, war der Pass gut - zumindest in der Theorie. Alle weiteren Kriterien für einen “guten” Pass werden allerdings nicht gefeedbackt. Gestaltet man diese Form nun als Wettkampf, ist man wieder einen Schritt weiter. Zu schwache Pässe sorgen für eine geringere Frequenz was dann zur Folge hat, dass man gegen das andere Team verliert. Die Situationen sind jedoch standardisiert und in jedem Durchlauf gleich. Das führt zu Langeweile und ist nicht spielnah. Das Fußballspiel verlangt weiterhin jeden Schritt des Modells nach Mahlo.
“Chaospassen”
Diese Übung ist unser Paradebeispiel, wenn die klassische Technik-Aussage formuliert wird: “Meine Spieler sind technisch noch nicht so weit um die ganzen Spielformen zu spielen!”. Sämtliche Spielformen lassen sich in ihrem Schwierigkeitsgrad dem Können der Mannschaft anpassen.Technikzentrierte Trainingsformen schließen nicht aus, dass weiterhin in der Kette “Wahrnehmung - gedankliche Lösung - motorische Lösung” gearbeitet werden kann. So auch in dieser Form.
Durch die parallel laufenden Passfolgen, muss der Passgeber außen darauf achten, ob jemand in der Passlinie steht. Er muss ebenfalls auf die Bewegung der Spieler achten, um zu erkennen, wie fest er den Pass spielen muss, ohne jemanden zu treffen. In der Feldmitte wiederum geht es um ein sinnvolles Freilaufen. Im besten Fall sollte er sich der zentrale Spieler schon vor der Annahme orientieren, damit er nicht in einen der anderen Spieler läuft. Dafür bietet sich dann eine “offene Stellung” an, da er sich große Kopfdrehungen spart und den Ball weiter im Blick behalten kann. Fügt man jetzt noch einen Wettstreit hinzu, sind die Spieler zu einer entsprechenden Passschärfe angehalten und nehmen den Ball aus einer offenen Stellung in freie Räume mit. Tun sie das nicht, werden sie verlieren - und das wollen die Wenigsten.
Die beschriebenen Inhalte werden auch in Spielen, Turnieren und Wettkämpfen verlangt. Je kleiner die Lücke zwischen Trainingsform und Wettkampf ist, desto eher werden die Inhalte auch umgesetzt.
An erster Stelle sollten demnach die Spieler und ihre zu lösenden Aufgaben stehen. Die Lerninhalte werden anschließend den Spielern und ihren Aufgaben angepasst.
Dadurch verändert sich - wie auch Thomas Tuchel in seinem Rulebreaker-Vortrag anschaulich erläutert - “unsere Coachingrolle extrem”. Wir helfen nun den Spielern durch unser Coaching, die Aufgaben zu lösen. Darüber sind sie glücklich und entsprechend viel offener für Inhalte. In Passfolgen, Spielaufbausequenzen und “Trockenübungen” können wir nur kritisieren und auf Fehler hinweisen, um die Spieler lernen zu lassen.
Da wir in offenen Spielen nicht jede Kleinigkeit bestimmen können, wie wir das bei einer Passübung in Gassenaufstellung könnten, müssen wir in allgemeingültigen Prinzipien denken. Für uns leiten sich diese Prinzipien aus einer übergeordneten Spielphilosophie ab. Diese ist im besten Fall durch den Verein vorgegeben, da damit gewährleistet ist, dass auch alle Trainer eine ähnliche Idee vermitteln.
Aus diesen Prinzipien sind Methoden zu entwickeln, die konkrete Handlungsalternativen aufzeigen. Daraus lassen sich schließlich Trainingsformen ableiten.
Beispiel:
Normalerweise hat der Verein eine Spielphilosophie für die vier Spielphasen “eigener Ballbesitz”, “gegnerischer Ballbesitz”, “Ballgewinn” und “Ballverlust” definiert. Wir raten davon mittlerweile ab. Eine solche Herangehensweise ist nämlich stark trainerzentriert. Der Trainer muss die Inhalte später nicht auf dem Platz umsetzen, sondern seine Spieler. Also haben wir für uns eine andere Form gefunden. Die Spielphasen sind nun unterteilt in “meine Mannschaft hat den Ball”, “ich habe den Ball”, “die gegnerische Mannschaft hat den Ball” und “mein Gegenspieler hat den Ball”. Das verändert die Art der Vermittlung für den Trainer. In gruppen- oder mannschaftstaktischen Formaten zu denken, benötigt nämlich auch wieder ein ausgeprägtes Abstraktionsvermögen. Am Ende geht es für die Spieler auf dem Platz immer um eins: “Was habe ich jetzt zu tun?”. Dementsprechend gleich aus Sicht der Spieler denken.
Sieht die durch den Verein festgelegte Spielphilosophie dann vor, bei gegnerischem Ballbesitz so schnell wie möglich wieder an den Ball zu kommen, ergeben sich daraus entsprechend Handlungsoptionen für die Spieler.
Hier sind klare Unterschiede wenn “mein Gegenspieler” oder “die gegnerische Mannschaft” in Ballbesitz ist.
Für den Spieler, dessen Gegner den Ball hat, finden sich Prinzipien wie “Ich gehe intelligent in meinen Zweikampf” oder “Ich erkenne und nutze Pressingauslöser”. Für die anderen Spieler könnten dann die Prinzipien “Ich schütze das Zentrum” oder “Ich unterstütze meinen Mitspieler beim Ballgewinn” formuliert werden.
Unter dem Prinzip “Ich gehe intelligent in meinen Zweikampf” finden sich dann die Methoden, wie man Zweikämpfen intelligent führt: bspw. “Ball sehen”, “seitliche Stellung” oder auch “vordecken”.
Bei den jüngeren Teams hat man insgesamt weniger Prinzipien und Methoden. Wichtig ist allerdings, dass jedes Prinzip, das in einer U9, U12 oder U14 vorkommt, sich auch in der U17 und U19 wiederfindet. Nur so kann man von einem langfristigen Leistungsaufbau sprechen.
Bei professionellen Vereinen hat eine solche Struktur darüber hinaus zur Folge, dass Scoutingkriterien klarer werden und die Spielerselektion objektivierbar wird. Die Spieler profitieren enorm von diesem Ansatz der dafür sorgt, dass sie in einen “Flow” kommen und zu jedem Zeitpunkt auf dem Platz wissen, was sie tun können oder müssen.
Du willst unseren gesamten Prinzipienkatalog haben? Dann hier entlang: https://www.advance.football/fortbildungsreihe-prinzipien-im-jugendfussball
Bleiben wir bei unserem Beispiel, muss nun also die Trainingsform folgen. Der Trainer hat in seinem Lernzielkatalog für seine Altersstufe das Prinzip “Ich gehe intelligent in meinen Zweikampf”. Nun möchte er einige der Methoden trainieren. Er überlegt sich also eine Trainingsform, die einen Spielcharakter hat und die Spieler automatisch in die gewünschten Handlungen bringt, damit sie sich dabei ausprobieren können. Für dieses Prinzip findet er nun eine Eins-gegen-Eins Form, die so aufgebaut sein könnte:
“Umschalt Eins-gegen-Eins” - Hier passendes Video sehen: https://training.advance.football/programs/umschalt-1-gegen-1
Hier befinden sich die Spieler dann in der Spielphase “mein Gegenspieler hat den Ball”. Entsprechend ergeben sich diverse Optionen um das Prinzip “ich gehe intelligent in meinen Zweikampf” und “ich erkenne und nutze Pressingauslöser” umzusetzen.
Einige davon werden von den Spielern bereits umgesetzt. In der Regel rennen sie früh zum Gegner, da dieser sonst sofort auf das Tor schießt. Ist das einem Spieler ein- bis zweimal passiert, wird er selbstständig sein Verhalten verändern müssen. Falls nicht, ist erst dann die Unterstützung des Trainers gefragt.
Denn ein möglicher Pressingauslöser ist die Nähe zum eigenen Tor. Wenn man hier als Spieler nicht angreift, zappelt es für gewöhnlich im Netz. Das kann dann gezielt denjenigen Spielern vermittelt werden, die beim Erkennen des Auslösers ein Problem haben. Dadurch kommen sie von selbst in eine neue Situation: dem Eins-gegen-Eins.
Hier gilt das Prinzip “ich gehe intelligent in meinen Zweikampf”. Bei einigen Spielern werden wiederkehrende Fehler deutlich. Bspw. kommt der Gegner häufig mit einem schnellen Richtungswechsel an ihnen vorbei. Hier ist es dann sinnvoll die Methode zu erklären, dass man in eine seitliche Stellung kommen und anschließend das Tempo des Gegners aufnehmen sollte, um mehr Zeit für einen gezielten Ballgewinn zu haben.
So werden die Spieler auf ihrem Stand abgeholt und es werden ihnen Hilfestellungen gegeben, um die gestellten Aufgaben besser zu bewältigen.
Grundsätzlich hat man als Trainer zwei Möglichkeiten in Trainingsformen mit implizitem Charakter mit den Spielern zu arbeiten. Sportwissenschaftler unterscheiden hier in Möglichkeit 1: “Reduktion der situativen Lösungsanforderung” und Möglichkeit 2: “Verbesserung der Lösungskompetenz”.
Möglichkeit 1 bedeutet, eine Form einfacher zu machen. Man kann das Feld größer machen oder einen Gegenspieler rausnehmen. In der Eins-gegen-Eins Form könnte man den Offensiven noch einen Ball in die Hand geben, den sie festhalten müssen. Das schränkt die Beweglichkeit und Schnelligkeit meist genug ein, damit es für die Verteidiger leichter wird.
Möglichkeit 2 beschreibt das Erklären und Erarbeiten von Lösungsmöglichkeiten für die gestellte Aufgabe. Man kann wie oben beschrieben mit den Spielern erarbeiten, was zu tun ist, wenn der Gegner mit viel Tempo auf einen zudribbelt. Aber auch welches Verhalten sinnvoll ist, wenn er langsamer geworden ist und auf eine Seite dribbelt.
Auch “gruppentaktische” Inhalte lassen sich vermitteln, jedoch weiterhin mit einem individualtaktischen Fokus.
“Zwei-gegen-Zwei auf vier Minitore” - Zum Video: https://training.advance.football/programs/4-tore_2-gegen-2
Hier wird in zwei Spielphasen unterteilt. Der ballnahe Spieler ist in der Phase “mein Gegenspieler hat den Ball”, der ballferne Spieler in der Phase “die gegnerische Mannschaft hat den Ball”. Daraus resultieren dann verschiedene Prinzipien und Methoden.
Der ballnahe Spieler muss weiterhin “intelligent in den Zweikämpfen” sein und “Pressingauslöser erkennen”. Der ballentfernte Spieler hat jedoch Prinzipien wie “ich schütze das Zentrum” oder “ich unterstütze meinen Mitspieler beim Ballgewinn”. Würde der ballentfernte Spieler in dieser Übung nämlich in Manndeckung gehen, würde er die Schussbahn auf “sein” Tor öffnen und der Gegner im Ballbesitz könnte auf eins der beiden Tore abschließen. Er wird zuerst den Schussweg auf sein Tor schließen und läuft dadurch weiter in die Mitte des Feldes, folglich schützt er das Zentrum.
Darüber hinaus gilt für das Prinzip “ich unterstütze meinen Mitspieler beim Ballgewinn” die Methode “Anschluss halten”. Das bedeutet, dass er eine kurze Distanz zu seinem Mitspieler wahren soll. Ebenso finden sich hier weitere Methoden wie “Passlinien schließen oder Gegner attackieren” und “Pässe abfangen”.
Wird ein Pass zwischen den Spielern gespielt verändern sich unmittelbar die Rollen und damit die Aufgaben. Die Spieler wissen sofort was zu tun ist und verhalten sich entsprechend.
Doch auch komplexere Spielsituationen können durch einen impliziten Ansatz vermittelt werden. Klassische Zonenspiele lassen allerlei Variationen zu, die der eigenen Spielidee zuträglich sind.
Hier können wir dann auf die vermeintlich gruppentaktischen Prinzipien und Methoden Wert legen. Was erwarten wir von unseren Spielern in Überzahlsituationen im Spiel?
Für unsere beiden Spieler in der ersten Zone, die sich im Spielaufbau mit dem Torwart befinden, gelten zwei unterschiedliche Spielphasen. Der Spieler, der den Ball erhält, ist in der Phase “ich habe den Ball”. Der andere ist in der Phase “meine Mannschaft hat den Ball”. Dadurch ergeben sich also wieder unterschiedliche Prinzipien für die Spieler.
Der Spieler am Ball hat bspw. die Prinzipien “ich nutze Räume vor mir” und “ich suche und gewinne lohnende Eins-gegen-Eins Situationen”. Unter dem ersten Prinzip findet sich dann die Methode “Räume mutig andribbeln”. Wenn der Ball von der anderen Seite verlagert wurde und der ballnahe Stürmer noch zu weit weg steht, wollen wir dieses Verhalten des Spielers sehen. Im Spiel spricht man oft von einem “Anstechen” der Innenverteidiger. Nichts anderes ist das in diesem Fall.
Beim Prinzip “ich suche und gewinne lohnende Eins-gegen-Eins Situationen” folgt die Methode “je näher am Tor des Gegners, desto besser”. Der Spieler wird dadurch also dazu angehalten, nahe am eigenen Tor nicht in ein Eins-gegen-Eins zu gehen, da ein Ballverlust höchstwahrscheinlich zu einem Gegentor führt.
Anhand von unterschiedlichen Regeln kann man ein Verhalten in die eine oder andere Richtung provozieren. Wenn die erste Linie nur durch die beiden Spieler überdribbelt werden darf, stärken wir das Verhalten “ich nutze Räume vor mir” und das darin enthaltene “Räume mutig andribbeln”. Darf diese Linie nur überpasst werden, sind wir beim Prinzip “ich bespiele Räume im Rücken des Gegners”.
Die einlaufenden Spieler und vor allem der “Sechser” befinden sich ebenfalls in der Phase “meine Mannschaft hat den Ball”. Der Sechser hat als Prinzip “Ich schaffe Anspielstationen” und dann Methoden wie “Passlinien suchen” oder “gegengleich Freilaufen”. Erhält er den Ball, soll er natürlich auch “Räume mutig andribbeln” und dann ist seine potentielle Eins-gegen-Eins Situationen auch lohnender, da er näher am Tor ist. Man merkt also, die Zahnräder greifen ineinander.
Doch er muss sich auch an das Prinzip “ich spiele meinen besser postierten Mitspieler an” halten. Ist sein Mitspieler in einem torgefährlichen Raum, sollte er den Methoden folgen.Durch die gewählte Organisationsform verhalten sich die Spieler oft entsprechend dieser Prinzipien. Wenn sie das nicht tun, sollten wir die Form verändern oder aber an der “Kompetenz” der Spieler arbeiten.
Technische Aspekte spielen bei der Umsetzung ebenfalls eine Rolle. Doch um zu wissen, welche technischen Probleme die Spieler haben, muss ich sie in spielnahe Situationen bringen. Hier werden sich die Unzulänglichkeiten klar äußern und wenn es notwendig ist, kann ich gezielt mit diesem Spieler daran arbeiten. Ist die Ausführung unter Druck das Problem, sollte dieser Spieler nicht stupide das Passen von Hütchen zu Hütchen trainieren.
Leider ist dieser Ansatz im Jugendfußball sehr weit verbreitet. Sebastian Vettel trainierte als Kind das Lenken, Schalten oder Gas nicht isoliert. Er ist altersgerecht erst Gokart gefahren. Durch das Wahrnehmen von Kurven, Geschwindigkeit, anderen Fahrern und möglichen Überholmanövern wurde er zu einem außergewöhnlichen Fahrer. Diese Dinge sind isoliert kaum zu trainieren.
Jede erstmalige Fahrstunde beginnt mit einer kurzen Instruktion. Anschließend fährt man einmal über den Parkplatz oder den Hof und danach in den echten Straßenverkehr. Der Fahrlehrer selbst unterstützt und hilft uns dann dabei, im Verkehr besser klar zu kommen. Er versucht uns so schnell wie möglich von seinen Anmerkungen und Erinnerungen ans Schalten oder Blinken zu befreien, damit wir selbstständig werden. Ein solches Verhalten sollten wir auch öfter im Training zeigen.
Wir beziehen uns hier gerne auf Thomas Tuchels Vortrag, in dem er sein Prinzip “diagonal-flach” erläutert. Seine Mannschaft in Mainz hatte nämlich nach der Übernahme durch ihn und sein Trainerteam eine bestimmtes Muster gezeigt, die ihnen missfiel. Sie spielten den Ball häufig die Außenlinien entlang. Für Tuchel ist dies jedoch ein Pass, der häufig zu Ballverlusten führt und selbst wenig Aussichten auf einen Torerfolg hat.
Folgerichtig schnitt er die Ecken sämtlicher Trainingsspielfelder ab. Er wollte nicht bei jedem “Longline-Pass” die Spieler korrigieren, dass doch “diagonal-flach” gespielt werden solle. Das war nämlich ein Spielprinzip für die Phase im eigenen Ballbesitz: “diagonal-flach”.
Ein Paradebeispiel für eine implizite Trainingsform.
Um erfolgreich Inhalte vom Training in den Wettkampf transferieren zu können, müssen wir die Lücke zwischen Trainings- und Wettkampfanforderung möglichst klein halten. Das Ziel jeder einzelnen Trainingsform sollte sein, alle drei Phasen “Wahrnehmung - gedankliche Lösung - motorische Lösung” abzubilden. Dieser Ablauf ist für eine langfristige und sinnvolle Ausbildung elementar.
Klar formulierte Spielphasen, Prinzipien und Methoden schaffen die Leitplanken für ein effektives und effizientes Miteinander auf dem Platz.
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